Wann und wo hast du davon erfahren, dass du den Grimme-Preis gewinnen wirst?
In ihrem Film „Alles gut – Ankommen in Deutschland" zeigt die Hamburger Journalistin und Dokumentarfilmerin Pia Lenz das Thema Integration aus Kindersicht und hat hierfür zwei Familien in Hamburg rund ein Jahr begleitet. Ein bewegendes Werk, das jetzt mit dem Grimme Preis 2018 in der Kategorie "Information & Kultur" ausgezeichnet wurde.
Wann und wo hast du davon erfahren, dass du den Grimme-Preis gewinnen wirst?
Wie hast du die beiden Familien gefunden, die du den Film über begleitest? Und hat es lange gedauert, bis sich jemand bereit erklärt hat, bei deinem Projekt mitzumachen?
Adel, den Familienvater aus Syrien, habe ich dann gleich am ersten Tag kennengelernt. Vielen stand die Erschöpfung ins Gesicht geschrieben. Adel lachte mehr, als alle anderen. Wir sind dann in seiner Küche im Wohncontainer sofort lange ins Gespräch gekommen. Er hat mir erzählt, dass er vier Kinder hat, die aber noch mit seiner Frau in Syrien seien. Wir haben uns Fotos seiner Familie angeschaut und ich glaube er war froh, dass da jemand zu ihm gekommen ist, der sich für das interessierte, was er erlebt hat. Ich habe schon an diesem Tag die ersten Bilder gedreht und es war klar, dass ich Adels Geschichte weiter begleiten wollte. Obwohl es für den Film natürlich ein Wagnis war, weil die Familie, also auch seine Kinder, ja noch nicht in Deutschland waren und das ja die eigentliche Idee meines Films war.
Djaner und seinen Bruder habe ich auf dem Spielplatz der Wohnunterkunft getroffen. Die beiden Jungs fielen mir sofort auf. Der eine, Mahmud, wirkte sehr traurig und verschlossen. Sein jüngerer Bruder Djaner stellte den halben Spielplatz auf den Kopf. Mit beiden kam ich schnell ins Gespräch. Ich habe dann später einfach an der Zimmertür des Containers geklopft, in dem die beiden mit ihrer Mutter wohnten und habe sie an mehreren Tagen hintereinander für ein paar Stunden besucht. Dabei haben wir uns besser kennengelernt, die Mutter Alisa gab dann ihr Einverständnis für die Dreharbeiten.
War für dich sofort klar, dass du den Film in Hamburg drehen willst?
Warst du während der Dreharbeiten die ganze Zeit stiller Beobachter oder hast du versucht, aktiv zu helfen?
Stehst du auch heute noch in Kontakt mit den Familien?
Du warst bei „Alles gut" für Regie, Drehbuch, Kamera und Ton zuständig. Warum hast du dir niemanden zur Unterstützung mit ins Boot geholt?
Solche Ereignisse konnte ich nur deshalb unmittelbar miterleben, weil ich diesen engen persönlichen Kontakt mit den Menschen aufgebaut hatte. Dreht man alleine, ist diese Beziehung enger und unmittelbarer, als wenn immer ein ganzes Team dabei ist. An vielen Tagen konnte ich auch nicht einfach hinfahren und die Kamera einschalten. Da war es von Vorteil, dass ich so lange wie eben nötig bei den Familien sein konnte, manchmal sogar über Nacht. Man entwickelt ein Gespür dafür, wann der richtige Moment ist, um die Kamera aufzubauen. Es ist auch nicht so, dass ich keine Unterstützung gehabt hätte. An einigen herausragenden Drehtagen war mein Kamerakollege Henning Wirtz dabei und hat die zweite Kamera übernommen.
„Alles gut" war dein erster abendfüllender Dokumentarfilm. Was kann ein Dokumentarfilm, was eine Panorama-Reportage für's Fernsehen nicht kann?
Ich war mit „Alles gut" auf einer sehr langen Kinotour durch Deutschland. In jeder Stadt haben sich nach den Vorstellungen intensive und ehrliche Gespräche entwickelt. Man konnte im Kino regelrecht spüren wie die Zuschauer den Film und den geschützten Saal eines Kinos brauchten, um Emotionen zuzulassen und über dieses schwierige Thema miteinander ins Gespräch zu kommen. Da als Regisseurin dabei zu sein ist beeindruckend und macht die besondere Kraft eines Kinofilms aus.
Warum hast du dich nach deinem Journalismusstudium in Dortmund dafür entschieden, für den Master an die HMS zu gehen?
Wird man dich in Zukunft öfter mit abendfüllenden Dokumentarfilmen sehen oder liegt dein Fokus nach wie vor auf Fernsehreportagen?