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Film aus Hamburg im Oscar-Rennen

14.02.2019 | Systemsprenger

Regisseurin Nora Fingscheidt hat mit ihrem Langfilmdebut „Systemsprenger" einen Silbernen Bären nach Hamburg geholt - und geht jetzt für Deutschland ins Oscar-Rennen. Produziert wurde das Drama von zwei jungen Hamburger Firmen, die mit „Systemsprenger" ihren ersten großen Coup landen konnten. Wir haben uns mit Jonas Weydemann (Weydemann Bros) und Frauke Kolbmüller (Oma Inge Film) zum Interview getroffen.

Wie seid ihr auf eure kleine Hauptdarstellerin Helena Zengel gekommen und warum ist sie die perfekte Besetzung für die Rolle der Benni?

Jonas Weydemann: Wir haben uns über 150 Kinder beim Casting angesehen – und Helena war direkt am Anfang mit dabei. Auch wenn noch viele nach ihr kamen, ist sie uns und Regisseurin Nora Fingscheidt nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Sie bringt eine unglaubliche Energie mit, kann aber gleichzeitig sehr zerbrechlich sein. Das war eine tolle Kombination für die Rolle der Benni.

Frauke Kolbmüller: Und weil sich im Film alles um Benni dreht, haben wir die weiteren Rollen dann passend zu ihr gecastet und geschaut, dass sie mit den anderen Schauspielern gut zurecht kommt.

Hauptdarstellerin Helena Zengel spielt ihre Rolle mit unglaublicher Energie

Regisseurin und Drehbuchautorin Nora Fingscheidt hat für ihr Drehbuch bereits mehrere Auszeichnungen bekommen. Was hat euch besonders gepackt, als ihr das Drehbuch das erste Mal gelesen habt?

Frauke Kolbmüller: Man hat die Energie, Aggressivität und Unbeholfenheit von Benni schon im Drehbuch gespürt. Dabei zeigt der Film zahlreiche Parteien und kommt dennoch ohne Schuldzuweisung aus – das hat uns sehr gefallen.

Jonas Weydemann: Der Film regt viel Verständnis an und zeigt, dass es nicht "Die" Lösung gibt. Man sieht genau die sehr intensive Recherche, die Nora in das Projekt gesteckt hat. Man schwankt schon beim Lesen des Drehbuchs zwischen Lachen, Weinen und Fassungslosigkeit.

Die FFHSH beim Setvisit in Hamburg gemeinsam mit Frauke Kolbmüller (2.v.r.) und Jonas Weydemann (3.v.r.)

Wie war es als ihr gehört habt, dass euer Film im Berlinale-Wettbewerb läuft?

Jonas Weydemann: Wir haben uns natürlich wahnsinnig gefreut und konnten es kaum glauben. Dann war es jedoch alles nochmal ein ganzes Stück Arbeit, da der Film zu dem Zeitpunkt noch nicht fertig war.

Systemsprenger - Worum gehts?

Im Zentrum der Geschichte steht die neunjährige Benni (Helena Zengel), die ihre Mitmenschen zur Verzweiflung treibt und aus jeder ihrer Pflegefamilien nach kurzer Zeit wieder rausfliegt. Das Drama spielt im Umfeld von Jugendamt, Heimen und Pflegefamilien und ist ein Projekt voller Nachwuchstalente aus Hamburg: Angefangen bei Regisseurin und Autorin Nora Fingscheidt bis zu den jungen Produktionsfirmen Weydemann Bros. und Oma Inge Film. Fingscheidt erhielt im Vorfeld bereits mehrere Auszeichnungen für ihr Drehbuch, darunter unter anderem den Emder Drehbuchpreis. Mit über 35 Drehtagen fand der Großteil der Dreharbeiten Anfang 2018 in Hamburg statt.

Ein Großteil der Dreharbeiten hat in Hamburg stattgefunden. Welche Motive werden wir alle im Film zu sehen bekommen?

Frauke Kolbmüller: Der Film spielt nicht in einer konkreten Stadt – deshalb sieht man auch keine Wahrzeichen. Aber man wird Stadtteile und Randbezirke sehen. Hamburg war für uns jedoch ein ganz toller Drehort, da die Behörden sehr kooperativ waren und die Wege relativ kurz sind.

Jonas Weydemann: Von der ganzen Architektur her sieht man jedoch sehr schnell, dass es eine norddeutsche Stadt ist. Und wir als Hamburger merken das in jedem Bild.

Bei Kinderdarstellern muss man sich an ganz bestimme Regularien halten. Wo sind die Unterschiede zu einem Dreh mit Erwachsenen?

Jonas Weydemann: Es gibt grundsätzlich nur eine begrenzte Drehzeit von fünf Stunden pro Tag, weshalb wir insgesamt auf 67 Tage gekommen sind. Es ist kein Business as usual – die Antennen sind einfach weiter ausgefahren, da man ständig guckt, wie es Helena und auch den anderen Kinderdarstellern geht.

Frauke Kolbmüller: Wenn Kinder so lange drehen, muss man ihnen natürlich auch die Möglichkeit geben, die Schule weiterzumachen. Für Helena gab es eine Privatlehrerin und sie hat während der Drehpause sogar Klassenarbeiten geschrieben – natürlich alles mit sehr gut (lacht)

Jonas Weydemann: Wir haben versucht, den normalen Rhythmus von Helenas Alltag abzubilden, damit sie nicht komplett rausgerissen wird.

Werdet ihr auch in Zukunft an weiteren Projekten zusammenarbeiten?

Jonas Weydemann: Das war eine super Zusammenarbeit und wir würden sehr gerne weitere Projekte machen, wenn es den Projekten hilft.

Frauke Kolbmüller: Es fühlte sich so an, als wenn wir schon sehr lange zusammenarbeiten, obwohl wir uns tatsächlich bei dem Projekt erst kennengelernt haben.

Credits: Filmstills: kineo Film / Weydemann Bros. / Yunus Roy Imer Porträt Jonas: Peter Hartwig Porträt Frauke: Marcus Gaertner
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