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Zwei Welten

20.02.2020 | Berlinale-Premiere “Im Feuer“

Daphné Charizani bei den Dreharbeiten zu "Im Feuer"

Die Drehbuchautorin und Regisseurin Daphné Charizani schickt in ihrem neuen Berlinale-Film "Im Feuer" Hauptdarstellerin Almila Bagriacik als Bundeswehrsoldatin in den Irak. Wir haben mit ihr über die Dreharbeiten und die Postproduktion in Hamburg gesprochen.

Wie sind Sie auf die Geschichte zu "Im Feuer" gekommen?

Daphné Charizani: Bei der Recherche zu einem anderen Projekt lernte ich Bundeswehrsoldatinnen kennen, die einen afghanischen und kurdischen Migrationshintergrund hatten. Die Gespräche mit ihnen und der Einblick in ihre Biographien haben mich sehr bewegt. Seit vielen Jahren ist die Bundeswehr in diesen Ländern durch das Mandat des Bundestags aktiv, und diese jungen Soldaten kehren in das Land ihrer Eltern zurück, aber in der Uniform ihrer neuen Heimat. Ich empfinde das wie eine große Metapher für die Gegenwart auch hier in Deutschland, in der Kriege und ihre Konsequenzen für die Menschen sehr dicht zusammengerückt sind, obwohl die deutsche Gesellschaft selbst ja seit dem 2. Weltkrieg in Frieden und Sicherheit lebt. Diesen Kontrast fand ich unbedingt erzählenswert.

Hauptdarstellerin Almila Bagriacik als deutsche Bundeswehrsoldatin

Was musste die Hauptdarstellerin aus ihrer Sicht an schauspielerischen Fähigkeiten mitbringen?

Daphné Charizani: Mit meiner Casterin Ulrike Müller habe ich intensiv nach einer passenden Schauspielerin gesucht, relativ zeitnah vor dem Dreh haben wir uns dann für Almila Bagriacik entschieden. Sie ist zwar keine Kurdin, aber als Türkin, die hier aufgewachsen ist, hat sie sofort den Konflikt der Figur verstanden. Sie hat eine tatkräftige Ausstrahlung sowie die Frauen, die ich da getroffen habe. Soldatinnen müssen aber auch eine gewisse körperliche Physis mitbringen. Sie sollte keine Vorurteile haben: nicht nur keine Vorurteile gegenüber Kurden, sondern auch keine Vorurteile gegenüber Bundeswehrsoldaten - und all das passte bei Almila.

Der Film hat seine Premiere am 23. Februar auf der Berlinale

Welche Schritte der Produktion wurden in Hamburg gemacht?

Daphné Charizani: Mein Musiker Florian Tessloff ist aus Hamburg, ich bin sehr froh, dass ich ihn für den Film gewinnen konnte. Wir haben im Vorfeld viel zusammengearbeitet, deshalb war ich natürlich auch öfter in seinem Studio in Hamburg. Insgesamt war es eine sehr enge und tolle Zusammenarbeit mit ihm, die mir viel Spaß gemacht hat. Ich war aber auch zur Mischung in Hamburg, die gesamte Postproduktion wurde von The Post Republic gemacht. Das Team war auch schon in die Vorbereitung eingebunden und hat uns wirklich sehr unterstützt.

Daphné Charizani in Aktion

Wo haben Sie überall gedreht?

Daphné Charizani: Die Geschichte spielt in Deutschland und dem Nordirak. Aber aus Sicherheitsgründen konnten wir den Film nicht im Irak drehen, das wäre einfach nicht möglich gewesen. Wir haben dann Drehorte gesucht, an denen wir den Irak drehen konnten. Mein Produzent hat sehr gute Kontakte nach Griechenland und kam auf die Idee, den Film dort zu produzieren. Wir haben mehrere Motivtouren gemacht, schließlich fanden wir sogar in der Nähe von Athen ein Motiv, dass mich und meinen Kameramann Falko Lachmund überzeugte und uns glaubwürdig erschien. Dort haben wir den Hauptdreh gemacht. Die Szenen in Deutschland wurden im Raum Köln gedreht. Und dann haben wir doch noch einen Dreh mit einem ganz kleinen Team im Nordirak gemacht, in der autonomen kurdischen Region um Erbil. Den zerstörten Ort zum Beispiel, den man im Film sieht, der ist wirklich durch den IS zerstört worden.

Über den Film

Rojda ist gebürtige Kurdin und Soldatin bei der deutschen Bundeswehr. Als ihre Mutter aus dem Irak flieht und ihre Schwester dort vermisst wird, lässt sie sich in ihre alte Heimat versetzen, um ihre Schwester zu suchen. Im Irak bildet sie zusammen mit ihren Kameraden kurdische Peschmergakämpferinnen aus. Doch plötzlich steht sie mitten im Kampf und muss sich entscheiden. Produziert wurde der Film von PALLAS FILM, MATCH FACTORY PRODUCTIONS und VIEW MASTER FILMS

Für Almila Bagriacik war es eine physisch herausfordernde Rolle

Seit Ihrem letzten Kinofilm „Madrid" im Jahr 2003 sind einige Jahre ins Land gegangen – was haben Sie in der Zwischenzeit gemacht?

Daphné Charizani: Bei meinem Debüt 'Madrid' hatte ich viele Erfahrungen gemacht, die ich erst mal verarbeiten musste. Ich habe dann überlegt, wie es weiter gehen soll. Dazu kam mein erstes Kind. Einige Kinoprojekte, die ich in der Zeit verfolgt habe, ließen sich nicht finanzieren. Das ist zwar nicht schön, gehört aber dazu. Mit Ina Weisse habe ich zwei Drehbücher geschrieben, 'Der Architekt' und 'Das Vorspiel'. Bei 'Im Feuer', mit einem großen Dreh im Ausland, wussten wir von Anfang an, dass es nicht einfach werden würde mit der Finanzierung. Aber mein Produzenten Thanassis Karathanos und Martin Hampel sowie Claudia Tronnier vom "Kleinen Fernsehspiel" haben von Anfang an an mich und die Geschichte geglaubt, ich bin ihnen wirklich sehr dankbar dafür.

Wie fühlt es sich an, mit einem Film auf der Berlinale zu laufen?

Daphné Charizani: Großartig, weil man sich natürlich darauf freut, nach der langen Entwicklung den Film auf der Leinwand sehen zu können - und dann noch in einem so tollen Premierenort wie dem Kino International. Ich bin ja selbst Berlinale-Fan und lebe in Berlin – und auf einmal läuft da der eigene Film, da freut man sich riesig und ist total nervös. Und bin sehr gespannt auf die Premiere, wo ich den Film das erste Mal mit Publikum sehen werde. Das ist dann schon der Moment der Wahrheit.

Gibt es schon ein Folgeprojekt?

Daphné Charizani: Bis vor wenige Tagen steckte mein Kopf noch in der Postproduktion, jetzt heißt es ein bisschen Kraft sammeln für die Berlinale. Aber natürlich gibt es zwei, drei Ideen, die mich umtreiben und wo ich schon Material gesammelt habe.

Credits: Filmstills: F.Lachmund/Pallasfim/matchfactory/viewmater Dreharbeiten: A.Kontos/palls/viewmater
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