Ob in Cannes, Venedig oder Toronto: Manche Filme auf dem Filmfest Hamburg haben bereits auf anderen Filmfestivals für Begeisterungsstürme gesorgt und konnten weltweit wichtige Preise mit nach Hause nehmen. Wir haben für euch eine kleine Auswahl zusammengestellt.
Reza hat sich aus dem moralischen Sumpf der Stadt zurückgezogen und führt mit seiner Frau und seinem Kind ein beschauliches Leben als Fischzüchter in einem Dorf im Norden des Irans. Doch auch auf dem Land herrschen Korruption und Gewalt. Ein Großfabrikant, der beste Beziehungen zur Regierung unterhält, zwingt die lokalen Bauern und kleinen Unternehmer mit allen Mitteln in ein Netz der Abhängigkeit. Reza ist fest entschlossen, sich von alldem fernzuhalten – doch eines Tages sind seine Fische tot. Eindrücklich erzählt Regisseur Mohammad Rasoulof in seinem Film, wie korrupte Kartelle aus Macht und Geld das Leben im Iran beherrschen. A Man of Integrity gewann bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes den Hauptpreis der Sektion "Un Certain Regard".
Foto: The Match Factory
Christian (Claes Bang) ist der smarte Kurator eines großen Museums in Stockholm. Die nächste spektakuläre Ausstellung, die er vorbereitet, heißt The Square. Dabei handelt es sich um einen Platz, der als moralische Schutzzone dienen und das schwindende Vertrauen in die Gemeinschaft hinterfragen soll. Doch wie bei den meisten modernen Menschen reicht auch bei Christian das Vertrauen nicht weit – er wohnt abgeschottet in einem stylischen Apartment und würde nie seinen Tesla ohne Aufsicht in einer schlechten Gegend abstellen. Als er von Trickdieben ausgeraubt wird und ihm kurz darauf die kontroverse Medienkampagne zu »The Square« um die Ohren fliegt, verliert der Kunstexperte die Nerven und löst mit einer Reihe von Fehlentscheidungen eine verhängnisvolle Dynamik aus. Regisseur Ruben Östlund wirft mit seinem vielschichtigen und sarkastisch-entlarvenden Humor brisante Fragen zum aktuellen Selbst- und Gesellschaftsbild auf. The Square wurde bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes mit der Goldenen Palme prämiert.
Foto: Alamode Film
Nachdem Monate vergangen sind, ohne dass der Mörder ihrer Tochter ermittelt wurde, greift Mildred Hayes (Frances McDormand) zu härtesten Mitteln. Sie bemalt drei Plakatwände an der Stadteinfahrt mit provozierenden Sprüchen, die an den städtischen Polizeichef William Willoughby (Woody Harrelson) adressiert sind, sich gefälligst um den Fall zu kümmern. Als sich der stellvertretende Officer Dixon (Sam Rockwell), ein Muttersöhnchen mit Hang zur Gewalt, einmischt, gerät der Konflikt außer Kontrolle. Three Billboards Outside Ebbing, Missouri ist eine schräge und derbe Komödie über Recht und Rache mit einer grandiosen Frances McDormand in der Hauptrolle. Der Film von Martin McDonagh gewann bereits den Publikumspreis beim Internationalen Filmfestival von Toronto.
Produktion: Blueprint Pictures
Foto: Twentieth_Century_Fox_Germany
In der schizophrenen Welt von Teheran kreuzen sich die Wege dreier selbstbewusster Frauen und eines jungen Musikers. Im Schattenreich der Stadt führen Sex, Korruption, Prostitution und Drogen ein Parallelleben neben dem restriktiven religiösen Regime. Verbote zu umgehen, ist zum Volkssport geworden, der Tabubruch ein Mittel der Selbstverwirklichung. Teheran Tabu ist eine fesselnde und verstörende nachanimierte Reise zu den dunklen Ecken der iranischen Gesellschaft, wo nichts ist, wie es von außen scheint, und wo der öffentliche Blick normalerweise nicht hinreicht. Der Film von Regisseur Ali Soozandeh wurde beim Jerusalem Film Festival mit dem FIPRESCI Award ausgezeichnet und war unter anderem in Cannes für die Goldene Camera nominiert.
Produktion: Little Dream Entertainment GmbH; coop99 filmproduktion; ZDF; Arte; ORF
Foto: Camino Film
Über eine Million Menschen flüchteten vor dem Krieg aus Syrien in den Libanon. Viele von ihnen arbeiten als Bauarbeiter und bauen in Beirut Wolkenkratzer, während jenseits der Grenze ihre Häuser in Trümmer gebombt werden. Nachts werden sie in dem Rohbau eingeschlossen; für Flüchtlinge gilt eine Ausgangssperre. Von der Heimat abgeschnitten, versammeln sie sich jeden Abend vor einem kleinen Fernseher, um Nachrichten aus Syrien zu erhalten. Ziad Kalthoum findet in seinem formal konsequenten und fein komponierten Film eine nachhaltig beeindruckende visuelle Übersetzung für das Gefühl, ohne die Möglichkeit einer Rückkehr in einer von Kriegen zerrütteten Welt im Exil zu leben. Taste of Cement gewann den Hauptpreis des Dokumentarfilmfestivals Vision du Reel in Nyon, eines der wichtigsten Festivals für Dokumentarfilme weltweit.
Produktion: Bidayyat for Audiovisual Art; Basis Berlin Filmproduktion
Foto: Syndicado
Viktor lebt mit einer Frau zusammen, die er nicht liebt, und hat mit ihr ein Kind, das nicht geplant war. Als sein Vater nach vielen Jahren plötzlich aus der Versenkung auftaucht – frisch aus dem Knast entlassen und schwer krank – sieht Viktor endlich die Chance gekommen, seine ungeliebte Familie zu verlassen. Sein Plan: den alten Herrn in einem weit entfernten Pflegeheim unterzubringen und sich dessen Wohnung unter den Nagel zu reißen. Doch die Reise entwickelt sich zu einem wahnwitzigen Trip, bei dem sich der Vater besser erholt, als es dem Sohn lieb ist. Das wilde Roadmovie von Alexander Hunt wurde auf dem internationalen Filmfestival von Karlovy Vary mit dem großen Preis der Jury ausgezeichnet.
Produktion: Ltd "VGIK-Debut"
Foto: Ltd "VGIK-Debut"
Der Gerichtsmediziner Dr. Nariman hat einen Autounfall, bei dem ein achtjähriger Junge verletzt wird. Der Arzt bietet an, das Kind ins nächste Krankenhaus zu bringen, doch der Vater lehnt ab. Als Nariman am nächsten Tag erfährt, dass der Junge tot ist, gerät er in ein Dilemma: Ist er für den Tod des Kindes mitverantwortlich oder starb es allein an den Folgen einer Lebensmittelvergiftung, wie die Autopsie vermuten lässt? Nariman findet keine Ruhe und beginnt mit Recherchen, die eine ungeahnte Lawine auslösen. Herausragend besetzt, stellt das Drama existenzielle Fragen nach Moral, Verantwortung und Schuld. Ohne Datum und Unterschrift lief bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig in der Sektion "Orrizonti" und konnte hier die Preise für beste Regie (Vahid Jalilvand) und bester Darsteller (Navid Mohammadzadeh) mit nach Hause nehmen.
Foto: Noori Pictures
Nach einem langen Aufenthalt in Mexiko ist Paula zurück in Paris. Ohne Geld und einen Plan für die Zukunft klappert sie ihre alten Kontakte ab. Doch die Türen werden ihr vor der Nase zugeschlagen. Auch ihr ehemaliger Lover, ein Fotograf, der seine Karriere auf einem frühen Foto von Paula aufgebaut hat, lässt die schrille 31-Jährige abblitzen. Für Paula ist das kein Grund aufzugeben. Sie ist voller Energie und Eigensinn und weiß: Sie muss einen Neuanfang starten – und wird das mit Stil tun. Montparnasse Bienvenüe wurde fast ausschließlich von einer weiblichen Crew gedreht und lebt vom oszillierenden Charakter der Hauptfigur, die alle Gefühlsextreme durchdekliniert. Der Debütfilm von Leonor Serraille bekam bei den diesjährigen internationalen Filmfestspielen von Cannes die Camèra d'Or für den besten Debütfilm.
Produktion: Blue Monday Productions
Foto: Be For Films