MOIN Filmförderung Hamburg Schlwesig-Holstein

Drehbucharbeit im Team

22.07.2022 | Series Lab Hamburg 2022

Die Teilnehmer*innen des Series Lab Hamburg 2022 in der Hafencity.

Zeit für Serienstoffe: Im Juni kamen beim Series Lab Hamburg 20 Autor*innen/Produzent*innen-Teams aus ganz Europa zusammen, um mit erfahrenen Script Consultants an ihren Drehbüchern zu arbeiten. Unter den Teilnehmer*innen waren gleich fünf Teams aus Hamburg.

„Warum wollt ihr euren Stoff in ein Serienformat packen?" Wer genau ist euer Publikum? Könnt ihr mir den Inhalt in einer knackigen Logline sagen?" Script Consultant John Yorke ist an diesem Vormittag in seinem Element. Etwa zwei Stunden Zeit hat der Brite pro Team, um der Geschichte auf den Zahn zu fühlen, sie auf Ungereimtheiten abzuklopfen – und wertvolles Feedback aus der Runde der restlichen Teilnehmer*innen zu holen. Gerade im Zentrum seiner Aufmerksamkeit: Produzent Steffen Gerdes und Autorin Miriam Suad Bühler aus Hamburg. Ihre Serie: Ein historisches Comedyformat um eine deutsche Philosophin im Jahre 1651. Die Geschichte findet in einem alternativen Universum statt, in dem es Mobiltelefone, Fake News und jede Menge Social Media Gossip gibt. Eine spannende Idee, für die aus den Reihen der anderen Teilnehmer*innen viel positives Feedback kommt. Gemeinsam mit Yorke steigt die Gruppe in die Handlung ein, hinterfragt die Beweggründe der Charaktere, möchte wissen, wie die Spannung noch gesteigert werden kann. „Ich muss als Zuschauer*in denken: Oh Shit, was wird die Figur in ihrer ausweglosen Lage als nächstes tun?", so Yorke. 2016 konnte er für Wolf Hall den Golden Globe für die beste Miniserie mit nach Hause nehmen und hat mit seinem Buch „Into the Woods" einen Bestseller zum Thema Storytelling geschrieben. Yorke weiß also, wovon er spricht.

Script Consultant John Yorke gibt Tipps zum Thema Storytelling

Gemeinsam mit den renommierten Script Consultants Donna Sharpe, Miguel Machalski, Claire Armspach und Blanca Escoda Agusti arbeitete er beim Series Lab Hamburg zwei Tage lang in kleinen Gruppen an den Serienstoffen von morgen. Teams aus ganz Europa sind hierfür in die Hamburger Hafencity gereist, um ihre Drehbücher noch ein Stück besser zu machen. Ausgerichtet wurde das Programm auch in diesem Jahr wieder von dem Creative Europe Desk Hamburg, der MOIN Filmförderung und Letterbox Filmproduktion.

Produzent Steffen Gerdes (1.v.l) und Autorin Miriam Suad Bühler (2.v.l.) in der Gruppendiskussion

Mit dabei in den Workshops: Fünf Teams mit Hamburg-Beteiligung. Neben dem Team aus Steffen Gerdes (Red Balloon) und Miriam Suad Bühler, zählten auch Junior Producerin Lisa Herbers (Junafilm) und die isländische Kombo aus Drehbuchautorin Kristín Helga Gunnarsdóttir und Produzentin Hlín Jóhannesdóttir (Ursus Parvus) dazu. Ihr Projekt "Fíasól Never Gives Up!" richtet sich an die ganze Familie – im Mittelpunkt der Serie steht das achtjährige Energiebündel Fíasól, die den ganz normalen Alltagswahnsinn ihrer Familie mit ihren zwei Geschwistern durchlebt – und innerhalb der Episoden sogar Urlaub in Hamburg macht. „Meine Gruppe beim Series Lab hat mich sehr darin bestärkt, dass wir an einem vielversprechenden Format arbeiten – gerade der stark regionale Aspekt macht die Geschichte sehr spannend", sagt Producerin Lisa Herbers aus Hamburg.

V.r.: Produzentin Hlín Jóhannesdóttir, Drehbuchautorin Kristín Helga Gunnarsdóttir und Junafilm-Producerin Lisa Herbers
Das Script Consultans-Team (v.l.): Claire Armspach, John Yorke, Christiane Siemen vom Creative Europe Desk Hamburg, Donna Sharpe, Miguel Machalski, Blanca Escoda Agusti

Produzent Raoul Reinert widmet sich mit seiner Hamburger Cuckoo Clock Entertainment einer Politthrillerserie in Afrika: Eine Kommissarin aus Namibia und ein deutscher Journalist schließen sich zusammen, um Verbrechen und Morde mit geopolitischen Hintergründen aufzudecken. Im Writers' Room sind neben den Hamburgern Raphael Solá Ferrer und Raoul Reinert auch die Namibianerinnen Mikiros Garoes und die geplante Hauptdarstellerin Girley Yazama (2023 in Lars Kraumes "Ein Platz an der Sonne" zu sehen). Wichtige Themen im Workshop waren die verwendeten Sprachen, die düsteren Backstories der Figuren und moderne multikulturelle Authentizität.

Arbeiten an einer Serie in Afrika: Raoul Reinert (r.) und Raphael Solá Ferrer

Eine etwas andere Mauer-Geschichte präsentieren der Hamburger Produzent Sebastian Weyland (Heimathafen Film) und Autorin Verena S. Freytag. In der sechsteiligen Drama-Serie „The Soldier" heften sie sich an die Versen eines vietnamesischen Vertragsarbeiters in Ostberlin, der mit dem Fall der Mauer seine Aufenthaltserlaubnis verliert und sich fortan in kriminelle Machenschaften verstrickt. Die Drama-Serie „Passepartout" den Autoren Johannes Rothe, Florian Vey und Co-Autorin Ipek Zübert und Produzentin Anette Unger (Leitwolf Filmproduktion) dreht sich hingegen um das Leben einer jungen Trickbetrügerin, einer Star-Galeristin und einer Kunstfälscherin nach dem brutalen Diebstahl eines Gemäldes völlig aus den Fugen gerät.

John Yorke arbeitet gemeinsam mit Verena S. Freytag (mitte) und Sebastian Weyland (links daneben) am Drehbuch

Doch selbst die beste Serie mit dem stärksten Storytelling nützt wenig, wenn kein Geld da ist, um sie zu produzieren. Und so wurde am Ende des Series Lab ein Speeddating veranstaltet, an dem 19 potenzielle Finanziers teilnahmen. Hierzu zählten unter anderem Sky, NDR und ZDF Studios. Wie lautet also das Fazit der Veranstaltung? „Es ist toll, dass sich eine Gruppe erfahrener Produzent*innen und Drehbuchautor*innen die Zeit nimmt, dein Projekt zu analysieren und darüber zu sprechen. Bei uns sind für die Story einige spannende neue Aspekte hinzugekommen, die wir uns jetzt im Nachgang nochmal genauer anschauen werden", verrät Steffen Gerdes. Und wer weiß, vielleicht werden wir einige davon in den nächsten Jahren im Fernsehen oder auf den bekannten Streaming-Plattformen zu sehen bekommen.

Credits: Daniel Szewczyk Gruppenfoto + Foto Script Consultants: Jasper Ehrich
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